Weißes Gold auf roter Erde – meine Erlebnisse auf der größten Charolaisfarm in Australien

Foto Johanna SchachingerNach einigen Jahren des Arbeitsalltages habe ich mich dazu entschlossen, ein Jahr Auszeit zu nehmen und die Welt zu bereisen. Nach wunderschönen Monaten im ruhigen, naturbelassenen Afrika und einiger Zeit im chaotischen, hektischen Südostasien bin ich in Australien gelandet. Hier habe ich einen Monat auf einer riesigen Rinderfarm mitgeholfen und viele tolle Erlebnisse gesammelt.
Mein neues Heim für die nächsten Wochen war die Farm „Palgrove“, gemanagt von Prue und David Bondfield. Die Hauptfarm liegt in Dalveen, 2,5 Auto stunden westlich von Brisbane. Zur Farm gehören noch vier weitere Betriebe die sich im Umkreis von zwei bis sechs Autostunden befinden – für australische Verhältnisse nur einen Katzensprung entfernt. Insgesamt werden auf den Farmen 4500 Rinder gehalten. Neben Charolais und der Rasse Charbray, eine Kreuzung aus Charolais x Brahman, werden auch die Rassen UltrablackTM, Brangus und Angus gezüchtet. BrangusTM ist mehr für die Konsumenten in den der nördlichen Region, wo es vom trockenen, heißen Klima her schwierig ist, Rinder zu halten. Der „tropische Angus“ sichert die Fleischqualität mit 87,5 % Angus und die Toleranz der Hitze mit 12,5% Brahmangenetik.

Palgrove: Zweitgrößter Charolaiszuchtbetrieb der Welt

Stier zum VerkaufAls erste Farm in Australien hat Familie Bondfield 1969 mit der Charolaiszucht begonnen. Fundament dafür bildete französische und englische Genetik. Durch strenge Selektion und gezielte Paarung jedes einzelnen Rindes wurde die Zucht optimiert und für die heißen, trockenen Bedingungen in Australien modifiziert. Mit 1450 Herdebuchkühen ist die Palgroveherde die größte registrierte Charolaisherde in Australien. Der Trend in der Zucht geht stark in Richtung hornlos, mehr als 60% der Rinder sind mittlerweile homozygot hornlos. 60% der Tiere werden mit Genetik von eigenen Bullen sowie Sperma aus Amerika, Neuseeland und Kanada künstlich besamt, die restlichen Tiere werden mit Spitzenbullen aus der eigenen Genetik im Natursprung belegt.

Topmanagement sichert ErfolgWiegung

Nur ein straffes Management sichert Erfolg. Prue und David Bondfield agieren so die meiste Zeit vom Büro aus – insgesamt nur acht Mitarbeiter auf den Farmen erledigen die gesamte Arbeit mit den 4500 Rindern und den 9000 ha großen Flächen. Eine der Hauptarbeiten ist die Phase der Geburten. Durch Synchronisierung liegen alle 1900 Abkalbungen innerhalb weniger Wochen, da kommt es schon vor, dass 45 Kälber pro Tag geboren werden. Bei jedem Kalb wird das Geburtsgewicht erhoben und jedes Tier wird mittels Chip registriert. Bei Unklarheiten der Abstammung wird ein DNA Test gemacht. Mit ca. sechs Monaten werden die Kälber gewogen. Vor dem Verkauf werden per Ultrascan die Fettschicht sowie viele weitere Zuchtwerte des Rindes ermittelt. Durch diese umfangreiche Erfassung der Daten wird die Selektion noch strenger und der Konsument bekommt nur die besten Tiere für die Zucht.

Wie im Wilden Westen, nur eben in Australien

Cowboy auf PferdMeine Arbeit hier war sehr vielfältig. Einige Zeit half ich im Büro mit, die meiste Zeit war ich aber mit der Rinderarbeit beschäftigt: Sortieren, umtreiben, Kälber tätowieren und mit einem Chip im Ohr registrieren. Die Gewichtserfassung der Kälber war ein wichtiger Punkt. Die Herden werden mit Quads, Hunden und teilweise auch per Pferd zu den Wiegestationen, welche überall verteilt sind, getrieben. Es kann schon vorkommen, dass eine Herde bis zu sieben Kilometer gehen muss, eingehüllt von einer dichten Staubwolke. Kühe und Kälber werden getrennt und die Kälber gewogen. Zu dritt haben wir so per Tag über 400 Kälber gewogen, das sind mehr Kälber an einem Tag, als ich in meinem gesamten Leben zu Hause gewogen habe! Da derzeit in Australien eine furchtbare Dürre herrscht und keine Besserung in Sicht ist, werden die Kälber jetzt schon, mit 4 Monaten, abgesetzt. Derzeit geht es hier nicht um eine möglichst hohe Tageszunahme, sondern ums blanke Überleben.

Dürre in Australien

Seit September 2013 hat es nicht mehr geregnet, die Weiden sind trocken und staubig, die Silagesilos, die zurzeit eigentlich gut gefüllt sein sollten, sind leer. Die Heu und Strohvorräte neigen sich dem Ende zu. Eine dramatische Situation – und das Schlimmste ist: Es ist keine Besserung in Sicht! Im nördlichen Australien verenden pro Tag 5000 – 8000 Rinder! Weil es keinen anderen Ausweg gibt, müssen die Farmer riesige Rinderherden zu Dumpingpreisen von um gerechnet 15 Euro pro Rind verkaufen. Viele Farmer sehen keine Zukunft und die Selbstmordrate ist in den vergangen Wochen rapide gestiegen. Futter gibt es zwar zu kaufen, allerdings nicht unter einer Fahrzeit von 10 Stunden, und wer kann schon Futter für tausende von Rindern kaufen? Auch wenn dies eine Dürre ist, wie es sie in 100 Jahren nicht
gegeben hat, beklagen sich die Farmer nicht, sondern versuchen das Beste aus dieser Situation zu machen und die Hoffnung nicht zu verlieren.

Resümee AustralienJohanna auf Quad

Ich hatte eine wunderbare Zeit hier in Dalveen! Auf der Farm konnte ich für mich einige Erfahrungen mitnehmen, die später am Betrieb sicher hilfreich sein können. Abgesehen von der harten Arbeit genießt jeder Australier sein freies Wochenende. Alle waren sehr bemüht, mir den „Australien way of life“ zu zeigen. So wurde ich zum Pferderennen und einer Weinverkostung eingeladen. Einen Sonntag genossen wir am Strand und an einem anderen Wochenende durfte ich bei einer Rindershow bei der Preisübergabe helfen. Ich möchte mich bei Familie Bondfield und allen Mitarbeitern die mich so herzlich aufgenommen haben fürdiese unvergessliche Zeit bedanken!
 
Johanna Schachinger AustrALia

Von admin

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